Die AOK Hessen sprach mit Professor Uwe Gieler, Leiter der Neurodermitis-Akademie Hessen mit Sitz an der Universitätsklinik in Giessen.
Mit einem Erkrankungsrisiko von 12 bis 15 Prozent ist die Neurodermitis eine der häufigsten chronischen Hauterkrankungen. Bei 60 Prozent aller Betroffenen tritt diese Erkrankung bereits im Kleinkindalter auf. Professor Uwe Gieler, Leiter der Neurodermitis-Akademie Hessen mit Sitz in Giessen erläutert die Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten.
Herr Prof. Gieler, wann spricht man von einer Neurodermitis?
Wenn Ekzeme an den typischen Körperstellen Gesicht, Körperbeugen, Arme und Beine zusammen mit Juckreiz auftreten und zusätzlich eine Neigung zu allergischen Reaktionen in der Familie oder beim Patienten vorhanden ist. Das charakteristische Zeichen ist der starke und meist quälende Juckreiz und die Ausbreitung eines Ekzems an den genannten Körperstellen. Aus der klinischen Erfahrung wissen wir, dass die Neurodermitis sehr viele unterschiedliche Facetten und Erscheinungsformen haben kann.
Wie wird eine Neurodermitis ausgelöst?
Zunächst ist die Neurodermitis durch erbliche Faktoren angelegt. Dies bedeutet aber nicht, dass sie auch zum Ausbruch kommen muss. Wir Ärzte sprechen von Provokationsfaktoren, die die Auslösung begünstigen. Dies können allergische Reaktionen sein, Infektionen, Irritationen durch Kleidung, klimatische Einflüsse aber auch psychische Belastungen durch Stresssituationen.
Kann man einer Neurodermitis vorbeugen?
Ja, bei sogenannten Risiko-Kinder, wo schon ein oder sogar beide Elternteile unter Allergien leiden. Hier ist vor allem auf eine rauchfreie Umgebung, auf Stillen bis zum 4. Lebensmonat und bei Verdacht auf Nahrungsmittelreaktionen auch eine hypoallergene Kost ratsam. In diesem Fall ist aber eine ausführliche Beratung durch den Arzt zwingend notwendig. Wenn Menschen schon eine Neurodermitis haben, kann auch hier dem nächsten Schub durch Information über mögliche Auslösefaktoren vorgebeugt werden. Information zu Präventionsmassnahmen bei Neurodermitis und Allergien sind auch über das Internet unter www.allergiepraevention.de erhältlich.
Verläuft jede Neurodermitiserkrankung gleich?
Nein keineswegs. Es gibt zwar Gesetzmäßigkeiten im Verlauf, die immer entsprechend ähnlich sind, aber jeder Mensch mit Neurodermitis hat seinen eigenen individuellen Verlauf. Insofern ist es auch wichtig, sich beim Arzt entsprechend individuell beraten zu lassen und sich schon gar nicht zu wundern, wenn bei jemand anders die Neurodermitis anders aussieht oder anders behandelt wird.
Ist eine Neurodermitis heilbar?
Leider nicht, entsprechende Behauptungen von selbsternannten Heilern sind Unfug. Es ist jedoch möglich, die Symptome so gut in den Griff zu bekommen, dass sich dadurch keine Einschränkungen im Leben ergeben. Bei ca. 70 Prozent der betroffenen Kinder wird die Neurodermitis so zum Stillstand kommen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Die Behandlungsmöglichkeiten sind sehr vielfältig! Eine wichtige Grundlage ist die Hautpflege, um die Irritationen der Haut zu verringern. Bei stärkeren Entzündungen und Juckreiz muss mit dem erfahrenen Behandler aus der Vielzahl an Therapieangeboten die richtige Kombination gefunden werden. Bei Nahrungsmitteleinflüssen, die insgesamt aber seltener sind als viele glauben, wird in der Therapie auch die Ernährungsberatung eine wichtige Rolle spielen. Um mehr individuelle Fragen mit dem einzelnen Patienten ansprechen zu können und den Austausch zwischen einigen Betroffenen zu ermöglichen, haben wir die Neurodermitis-Schulung entwickelt. Sie wird in den Neurodermitis-Schulungszentren in Bad Homburg, Bad Soden, Frankfurt, Alzenau, Darmstadt Mainz,. Marburg und Gießen angeboten.
Wer kann eine Neurodermitisschulung in Anspruch nehmen?
Für Patienten mit chronischer Neurodermitis, Chronifizierungsgefahr und hohem Leidensdruck ist die Schulung möglich. Im Alter von 0 – 7 Jahren werden ausschließlich die Eltern geschult, bei den 8 – 12-jährigen nehmen Eltern und Kinder gemeinsam teil. Jugendliche im Alter von 13 – 18 Jahren werden ohne die Eltern geschult. Weitere Informationen gibt es jeweils Mittwochs von 14.00 bis 17.00 Uhr unter tel. (0641) 99-45651 oder hier auf dieser Website. Für Kassen-Versicherte werden die Kosten der Schulung in der Regel übernommen.